Beispiele für schwache Signale sind neu verbreitete Meinungen und Ideen oder Veränderungen in der Rechtsprechung. 8 Damit wurden erste Informationen, Daten und analytische Zusammenhänge für mögliche Einflussfaktoren auf das Bargeld der Zukunft gesammelt. Die im Rahmen der Studie definierten Suchfelder umfassten zum Beispiel Bargeldeigenschaften wie Inklusion, Vermeidung von Negativzinsen oder Logistik und Dienstleistungen mit Bargeldbezug. Die Suchstrategie nutzte eine Kombination aus einer automatisierten Durchsuchung von Online-Datenquellen basierend auf Text-Mining 9 und Methoden Künstlicher Intelligenz (KI) sowie einer Recherche in Sekundärdaten zur Evaluierung der Ergebnisse. Beispielsweise ergab das Horizon Scanning Hinweise darauf, dass erste Handelsketten die Annahme von Bargeld ablehnen könnten und Bargeld auch in seinen Bastionen nicht mehr selbstverständlich genutzt werden könnte. Gleichzeitig zeigte das Horizon Scanning, dass bereits erste Widerstände gegen die Verdrängung von Bargeld formuliert werden.
Dabei spielt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eine Schlüsselrolle für den Erhalt des Wohlstands. Bankfilialen und Geldautomaten sind selten und selbst das Abheben von Bargeld an Kassen im Einzelhandel wird nicht mehr existieren, weil das bargeldlose Bezahlen die Norm geworden ist. Eine Ursache dafür dürften unterschiedliche Anforderungen an die Eigenschaften von Zahlungsmitteln sein.
Für die Erstellung der Szenarien wurden pro Schlüsselfaktor je eine Projektion ausgewählt und die verschiedenen Projektionen so kombiniert, dass ein in sich widerspruchsfreies Szenario entsteht. 6 Für drei Szenarien werden meist drei gut unterscheidbare Projektionen pro Schlüsselfaktor erstellt. Für die Analyse der Schlüsselfaktoren wurden anschließend Hypothesen zu deren zukünftigen möglichen Entwicklungen abgeleitet. Die Datengrundlage für diese Hypothesen bildeten die Ergebnisse der vorangegangenen Arbeitsschritte.
Digitaler Euro
Bargeld und auch der digitale Euro werden als Instrumente für die europäische Autonomie wahrgenommen. Zwar sind auch in diesem Szenario alle Lebensbereiche durch eine zunehmende Digitalisierung geprägt, doch lassen die Innovationssprünge im Bereich Künstliche Intelligenz viele Menschen schon bald daran zweifeln, ob dies überhaupt wünschenswert ist. Die Bundesregierung beschließt gesetzliche Standards für eine Grundversorgung von Handel und Bevölkerung mit Bargeld. Das Motiv ist silverplay dabei, die Bargeldinfrastruktur für den Krisenfall in der störanfälligen digitalisierten Gesellschaft zu erhalten. Bargeld behält sein Alleinstellungsmerkmal, weitgehend unabhängig von technischer Infrastruktur zu sein. Der digitale Euro, der im Referenzjahr 2037 bereits in Gebrauch ist, hat nur wenig Einfluss auf die Bargeldnutzung, da diese ohnehin stark gesunken ist.
Gibt es Pläne, Bargeldnutzung zu begrenzen?
Im qualitativen Teil der Analyse lag der Fokus auf dem Diskurs über Bargeld, dem Verstehen von Motiven der Bargeldnutzung und den entsprechenden Einstellungen zum Thema der Studie. Die quantitative Analyse der Befragungsergebnisse offenbarte das Ausmaß und die Unterschiede in der Verteilung der entsprechenden Einstellungen in den einzelnen Milieus. Der Szenarioansatz ist ein etabliertes und weitverbreitetes Verfahren der SV mit vielfältigen Vorgehensweisen. 13 In der hier beschriebenen Studie kam ein schlüsselfaktorbasierter Szenarioansatz mit einer Vielzahl von etablierten Methoden zur Erhebung quantitativer und qualitativer Daten zum Einsatz. Auf diese Weise lassen sich Einflussfaktoren auf das Untersuchungsfeld Bargeld und den Bargeldkreislauf der Zukunft analysieren. Die relevantesten Einflussfaktoren werden dabei als Schlüsselfaktoren bezeichnet.
Geldmarkt-ETFs In diesem Zusammenhang sind Geldmarkt-ETFs eine interessante Alternative. Es sind an der Börse gehandelte Indexfonds, die mit dem Anlegergeld ein ganzes Paket an kurzfristigen Anleihen von Unternehmen oder Staaten kaufen oder nachbilden. Sie ähneln den bereits extrem erfolgreichen ETF auf Aktien, nur dass sie Anleihen statt Aktien kaufen gemäß einem Index. Ein Grund ist, dass US-Präsident Trump viel Kapital aus den USA nach Europa vertreibt. Ein anderer ist die sinkende Inflation, die weniger hohe Zinsen nötig macht, um die Kaufkraft zu erhalten. Für Festgeld mit einem Jahr Laufzeit gibt es momentan im Schnitt nur 1,6 Prozent Zinsen statt 2,5 Prozent vor einem Jahr, berichtet das Anlegerportal Biallo.
Dazu haben die Analysten drei Szenarien für die Bargeldnutzung im Jahr 2037 erstellt. Die regulatorischen Maßnahmen haben auch Konsequenzen für den Bargeldkreislauf. Die in allen Szenarien rückläufige Bargeldnutzung erhöht den Druck, die Fixkosten zu senken, die für das Aufrechterhalten der Infrastruktur zur Bargeldversorgung und -entsorgung notwendig sind. Die Szenarien beschreiben unterschiedliche Entwicklungen hinsichtlich der Einführung von Anpassungen und Innovationen im Bargeldkreislauf, die Kosten senken könnten.
Bundesbank-Studie: Wie Bargeld in der Zukunft genutzt wird
Sie setzt sich im Rahmen der Bargeldstrategie des Eurosystems dafür ein, dass Euro-Banknoten und -Münzen als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel attraktiv, verfügbar und allgemein akzeptiert bleiben. Dafür müssen die Rahmenbedingungen analysiert werden, die die Zukunft des Bargeldes beeinflussen. Das zweite Szenario „Die Bezahlwelt in der Bargeld-Renaissance“ beschreibt eine teilweise Rückbesinnung auf das Bargeld und seine Vorzüge. Als Reaktion auf globale Lieferkettenprobleme kaufen Menschen Produkte wieder zunehmend lokal und regional. Zudem ist das Bewusstsein in der Bevölkerung, sich auf Katastrophen und Krisensituationen vorzubereiten, durch ihre Erfahrungen in der jüngsten Vergangenheit gestiegen. Nach der Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen, der Einführung von Rundungsregeln und dem vermehrten Einsatz von Bezahlautomaten empfinden es die Menschen als unkompliziert und schnell, Bargeld zu verwenden.
Für sieben von zehn Befragten ist es wichtig, dass sowohl sie selbst als auch die Gesellschaft insgesamt in Zukunft bar bezahlen können. Somit wird deutlich, dass die übliche Charakterisierung von Bargeldnutzerinnen und -nutzern allein über soziodemografische Merkmale den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten nicht vollumfänglich gerecht wird. Für Milieus, die eine moderne Grundorientierung auszeichnet und die sich in höheren sozialen Lagen befinden, ist die persönliche Bedeutung von Bargeld hingegen deutlich geringer (siehe hellblau eingefärbte Milieus in der Abbildung).
Bargeld ist in diesem Szenario ein Zahlungsmittel unter vielen, dessen Nutzung ohne gesellschaftlichen und politischen Widerspruch stetig sinkt. Wenngleich die Szenarien unterschiedliche Zahlungslandschaften beschreiben, wird Bargeld in allen Szenarien genutzt, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß und aus unterschiedlichen Motiven. Eine Welt ohne Bargeld erscheint auf Grundlage der gesammelten Daten in den nächsten 15 bis 20 Jahren nicht plausibel. In allen drei Szenarien verschlechtert sich aber der Zugang zu Bargeld, und seine Akzeptanz und Nutzung nehmen ab. In allen Szenarien ist zwar formal die freie Zahlungsmittelwahl gegeben, praktisch aber in zwei von drei Szenarien nicht mehr gewährleistet, und die Stabilisierungsfunktion von Bargeld in Krisenzeiten ist gefährdet. In allen drei Szenarien ist der Anteil von Bargeld an den Gesamttransaktionen in den nächsten 15 bis 20 Jahren im Vergleich zu heute rückläufig.
In einigen ehemaligen Bastionen ist Bargeld weiterhin relevant, seine Nutzung sinkt aber auch hier. Nur als Wertaufbewahrungsmittel wird es noch in fast jedem Milieu genutzt, wenn auch unterschiedlich stark. Der Rückgang geschieht schleichend und ohne große Aufmerksamkeit von Gesellschaft und Politik. Der Handel passt das Portfolio der akzeptierten Zahlungsmittel an die jeweilige Kundschaft an und motiviert gleichzeitig alle Kundinnen und Kunden zu unbaren Zahlungen. Cashback- und Cash-in-Shop-Services sind daher nur noch eingeschränkt möglich.
Außerdem funktioniert Bargeld auch ohne Strom und ohne Smartphone oder Kartenlesegeräte. Ohne technische Hürde einfach mit Scheinen und Münzen bezahlen zu können, ist wertvoll für Menschen, die mit digitalen Zahlungsmethoden Schwierigkeiten haben. Bislang war Deutschland eines der letzten Länder, in denen vermehrt auf das Bezahlen mit Bargeld vertraut wurde.
Das wird in Deutschland so nicht kommen, ist sich Ulrike Malmendier sicher, vor allem wegen der Sorge über Datensicherheit. Ihrer Einschätzung nach wird es erst mal beim Mix aus Bargeld und Zahlung mit Karte oder Handy bleiben. Die Studie ist dabei nur ein Teil der Aktivitäten der Bundesbank, um Entwicklungen bezüglich Bargeld zu erkennen. Die Bundesbank wird weiterhin die Bargeldverwendung der Bürgerinnen und Bürger, den Zugang zu und die Akzeptanz von Bargeld in Deutschland untersuchen. Mit diesen Analysen lassen sich Veränderungen im Barzahlungsverkehr frühzeitig erkennen und bewerten. Sie sind und bleiben daher wichtige Instrumente der Bundesbank, um ihrem gesetzlichen Auftrag zur Bargeldversorgung nachzukommen.